Sehr geehrter Herr Karbowiak,
im Namen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und UWG/FW – Aktiv für Neuss bitten wir
darum, den nachfolgenden Antrag auf die Tagesordnung des Ausschusses für Planung, Stadtentwicklung und Mobilität am 29.03.2022 zu setzen.
Beschlussempfehlung:
- Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob und wie es möglich ist, im Stadtgebiet bei Neubauten oder Neubaugebieten sogenannte Superblocks zu gestalten und die Menschen in der Stadt Neuss hierfür zu begeistern. Zudem sollen die Kosten für ein solches Projekt geprüft werden. Es soll festgestellt werden, an welchem Ort ein solches Pilotprojekt realisiert werden kann.
Begründung:
Als bestes Beispiel für die Superblocks und für eine hervorragende Erklärung kann man das Modell aus Barcelona heranziehen. Barcelona – die wunderschöne Stadt am Mittelmeer – überwältigt dank der einzigartigen Architektur, ist beliebt wegen der kilometerlangen Strandpromenade, dem umfangreichen Kultur-, Gastronomie- und Unterhaltungsangebot. Begriffe wie „Grün“ und „Nachhaltigkeit“ verbindet man bislang selten mit der Stadt: zu viel Verkehr, zu dichte Bebauung, zu starke Luftverschmutzung. Auf einen Einwohner Barcelonas kommen aktuell statistisch gesehen gerade mal 6,6 Quadratmeter Grünfläche. Zum Vergleich: In London sind es 27, in Amsterdam sogar 87,5. Doch Barcelona steuert gegen – mit sogenannten Superblocks.
Bei diesen Superblocks (auf Katalanisch „Superilles“), werden zwei mal zwei oder drei mal drei Häuserblöcke zu einem Superblock. Innerhalb dieser Superblocks haben Fußgänger und Fahrradfahrer Vor
rang. Bei zweispurigen Straßen wird den Autos eine Spur weggenommen: Kinder können hier spielen, Anwohner auf neu errichteten Parkbänken Kaffee trinken und plaudern.
Das triste Grau der Straße wird durch bepflanzte Hochbeete, Blumenkübel und Bäumen ersetzt. Autoverkehr ist auf den verbleibenden Einbahnstraßen – wenn überhaupt – nur mit 10 bis 20 km/h erlaubt. Die Folge: Die Straßen werden zum erweiterten Wohnzimmer. Man hört Kinderlachen statt Autolärm, atmet frische Luft statt Abgase ein, begegnet entspannten Anwohnern, die miteinander ins Gespräch kommen.
Die Superblocks sind Herzstück eines 2016 von der Stadtverwaltung entwickelten Konzepts für nachhaltige Mobilität. Der erste Superblock entstand 2017 im Stadtviertel Poble Nou – anfangs noch gegen Widerstände von Geschäftsleuten und Autofahrern, doch mit großem Zuspruch der Anwohner. In den bisher gestalteten Superblocks, die im gesamten Stadtgebiet entstanden sind, ist das befürchtete Geschäftssterben ausgeblieben. Im Gegenteil: die Anzahl der lokalen Läden stieg sogar um 30 Prozent.
Insgesamt sollen 503 (!) Superblocks in Barcelona entstehen, 60 Prozent der bisher von Autos genutzten Straßen würden dadurch für andere Nutzungen frei werden. Eine aktuelle Studie des Gesundheitsinstituts BCNecologia Barcelona zeigt, welche positiven Auswirkungen die Umsetzung hätte: Demnach würde die Lebenserwartung der Bewohner um fast 200 Tage steigen. Die Verminderung der Abgase würde zu weniger Lärm und Hitzeinseln führen – und könnte rund 300 frühzeitige Todesfälle pro Jahr verhindern. Laut der Studie könnte die private Autonutzung von 1,19 Millionen Fahrten pro Woche auf 230.000 fallen. Der Ausstoß von Stickstoffdioxid würde dadurch von aktuell 47 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 36 Mikrogramm reduziert werden – und damit unter den Richtwert der Weltgesundheitsorganisation von 40 Mikrogramm fallen.
Zugleich könnte man durch die Superblocks den ÖVPN stärken und hiermit weitere Anreize schaffen und weiteren Co2 Ausstoß verringen.
In den Superblocks haben Fußgänger und Radfahrende Vorrang.
Mit freundlichen Grüßen
– Arno Jansen –
Fraktionsvorsitzender
– Michael Klinkicht –
Fraktionsvorsitzender
– Carsten Thiel –
Fraktionsvorsitzender
– Tobias Urbach –
Sachkundiger Bürger